Standpunkt: Bernward Schlossarek zum Beschluss der Medizinstrategie 2030
Eine Überraschung war es nicht mehr. Der Aufsichtsrat der KRH GmbH hat die Medizinstrategie 2030 beschlossen. Obwohl diese Strategie sehr umstritten ist, kommt man nicht umhin festzustellen, dass es der Geschäftsführung mit der Vorlage der Medizinstrategie 2030 im Dezember 2022 gelungen ist, ein Konzept vorzulegen, das Elemente enthält, die nachvollziehbar sind. Fachkräftemangel, knappe Finanzen aufgrund mangelnder finanzieller Unterstützung von Bund und Ländern, die Corona-Pandemie sowie der Trend zu mehr ambulanten anstatt stationären Behandlungen sind Ursachen für die Herausforderungen, vor denen die Klinikum Region Hannover GmbH (KRH) steht. Teile dieser Herausforderungen sind eher neuerer Natur, andere sind schon länger bekannt und bereits in vorherigen Medizinstrategien erwähnt worden. Trotz Bemühungen von Seiten der Geschäftsführung, ist es allerdings nicht gelungen, die bekannten Probleme seit der letzten Medizinstrategie zu lösen.
Das Vorgehen der Geschäftsführung verwundert. Es wird eine neue Medizinstrategie aufgelegt und Problemfelder identifiziert, noch bevor alle Maßnahmen, die man im Rahmen der vorherigen Strategie zur Verbesserung der Situation beschlossen hat, umgesetzt wurden. Wahrscheinlich kann jeder nachvollziehen, dass die letzten Jahre gerade für den medizinischen Sektor Ausnahmejahre waren. Ohne die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kliniken wäre die Pandemie nicht zu bewältigen gewesen. Diese Mitarbeiterschaft ist die wertvollste Ressource, die der KRH zur Verfügung steht. Und gerade diesen Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern sollte man Sicherheit und Verlässlichkeit gewähren. In diesem Sinne ist es ein Skandal, dass durch die fortlaufenden Indiskretionen der Prozess rund um die Konzeption der neuen Medizinstrategie seit einem Jahr geleakt wird. Fast ständig wurden die von Schließung betroffenen KRH-Kliniken lange vor der Veröffentlichung der Medizinstrategie öffentlichkeitswirksam schlecht geredet. Dabei sollte das oberste Ziel aller Überlegungen sein, die bestmögliche und wohnortnahe medizinische Versorgung der Bürgerinnen/Bürger in der gesamten Region Hannover sein. Diese Zielrichtung vermissen wir in der Medizinstrategie 2030.
Die Medizinstrategie 2030 hat die Probleme der KRH zwar aufgenommen und dargestellt, aber dennoch sind wir von den vorgestellten Ansätzen, welche die Probleme lösen sollen, nicht überzeugt. Insbesondere sehen wir das Risiko, dass die Notfallaufnahmekapazitäten nicht mehr ausreichen, wenn Kliniken geschlossen bzw. verkleinert werden. Wir hätten uns gewünscht, dass die Medizinstrategie 2030 nicht nur die Landeshauptstadt, sondern auch den ländlichen Raum im Blick gehabt hätte. Überdies kann der populistische Ansatz des Regionspräsidenten, man wolle Vorreiter im Umsetzen der Berliner Krankenhausreform sein, nicht überzeugen. Mit einer großen Reform will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die Krankenhausstrukturen verbessern. Nicht weniger als eine Revolution verspricht er. Dabei wird es etliche Verlierer geben, wozu die kleineren Kliniken im ländlichen Raum zählen werden. Es scheint, dass das rot-grüne Mehrheitsbündnis in der Regionsversammlung mit dieser Politik wieder einmal aus rein ideologischen Gründen Chancen verpassen wird.