· 

Kannibalismus stoppen!

Standpunkt: Bernward Schlossarek zum medizinischen Fachkräftemangel

Die Überraschung war gelungen. Als ich die Zeitung an einem Samstagvormittag aufschlug und eine großflächige Anzeige mit der folgenden Überschrift entdeckte: "Komm ins Team Vinzenz! In nur 15 Minuten bist Du bei uns." Diese Anzeige richtete sich ohne Zweifel an die Mitarbeiter des Klinikums Lehrte, welches nach dem Willen der KRH aufgelöst werden soll. Die Perspektive, demnächst in einem Container in Burgwedel nach einer umständlichen Anreise mit dem ÖPNV zu arbeiten, macht das Lehrter Personal offenbar empfänglich für solche Werbeaktionen. Allerdings war das Team Vinzenz nicht die erste Klinik, die um das Personal aus Lehrte warb. Die Diakovere hatte bereits zu Beginn des Jahres "rote Eiskratzer" mit einem Werbeflyer verteilt.

 

Wie der aktuellen Berichterstattung der HAZ zu entnehmen war, hat das Klinikum Region Hannover GmbH (KRH) mit einer ähnlichen Aktion seinerseits um die Mitarbeiter anderer hannoverschen Kliniken geworben. Als ob das Chaos rund um die Klinikum Region Hannover GmbH (KRH) aufgrund der aktuellen Diskussion um die Medizinstrategie 2030 nicht schon groß genug ist, so dachte man sich wohl von Seiten der Geschäftsführung, dass man da noch einen draufsetzen kann, indem man anfängt, Personal von anderen Kliniken mittels „flotter Sprüche“ und Sprühkreide abzuwerben. 

 

Ich meine, dass die KRH als 100%iges  kommunales Klinikunternehmen die medizinische Versorgung aller Bürgerinnen und Bürger im Blick haben sollte. Erste Bedenken, ob das auch so in den Köpfen der verantwortlichen Akteure beim KRH ist, könnte man nach Bekanntwerden der Maßnahmen der Medizinstrategie 2030 bekommen. Jetzt der nächste Moment zum Zweifeln: Man versucht Personal von anderen Kliniken in der Region abzuwerben. Das hilft vielleicht etwas der KRH, schwächt aber dafür ein anderes Klinikum und insgesamt trägt es nichts Positives zur medizinischen Versorgung in der Region Hannover bei.  

 

Ich bin ziemlich entsetzt, dass ein kommunales Unternehmen zu solchen Methoden greift. Von der KRH sollte man mehr erwarten können. Allerdings sind auch andere Krankenhausträger in solche Aktivitäten verstrickt. Das alles ist unerträglich! Wir erwarten, dass die Kliniken in der Region mehr zusammenarbeiten als weiter den Kannibalismus im Fachkräftebereich zu verstärken. Kannibalismus kann keine Antwort auf den Fachkräftemangel im medizinischen Bereich sein!