Kein Sirenenalarm in der Stadt Lehrte am bundesweiten Warntag 2020 inkl. Antwort der Regionsverwaltung

Sehr geehrter Herr Jagau,

 

 

erstmals seit Jahrzehnten fand am 10. September 2020 bundesweit ein sogenannter Warntag statt. Hierbei sollte die Bevölkerung symbolisch mit Hilfe der vorhandenen Systeme und Apps gewarnt werden. In der Berichterstattung im Anzeiger für Burgdorf und Lehrte wurde am 08.09.2020 bereits im Vorfeld des Warntages unter der Überschrift „Darum heulen in Sehnde und Lehrte keine Sirenen am bundesweiten Warntag“ angekündigt, dass die Sirenen im Bereich der Stadt Lehrte am Warntag nicht ausgelöst werden. Der Berichterstattung konnte weiterhin die Begründung für das Verstummen der Sirenen entnommen werden: 

„Das Auslösen sei aus technischen Gründen in Sehnde aktuell nicht möglich, sagt Bianca Frey, Leiterin im Fachdienst Ordnung und Recht. Bei den rund 30 Sirenen im Sehnder Stadtgebiet sei derzeit nur der Brandschutzton eingestellt – der Ton für eine Warnung zum Katastrophenschutz müsse noch nachgerüstet werden, so Frey. Kurzfristig sei das nicht möglich gewesen. Man habe sich dazu auch mit den Nachbarkommunen Lehrte und Laatzen abgestimmt, die Sirenen deshalb nicht auszulösen. Geplant sei aber, die Sirenen technisch nachzurüsten, sagt Frey. […]“

 

In diesem Kontext berichtete ebenfalls die HAZ vom 11.09.2020 unter dem Titel „Der Alarm, den niemand merkt“:

 

 

„Die Bilanz der ersten Übung dieser Art seit 30 Jahren fällt allerdings äußerst durchwachsen aus - auch in der Region Hannover. Die App Nina kam am Donnerstag vielerorts an ihre Belastungsgrenze, Radiosender machten gar keine Durchsagen und selbst digitale Werbetafeln an großen Ausfallstraßen zeigten entgegen der Ankündigung weiter Reklame. Sogar das Bundesinnenministerium bezeichnet den Testlauf offen als „fehlgeschlagen“. Ausgerechnet die zentrale Warn- App Nina vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) machte um 11 Uhr schlapp und sendete oft keine Pushnachricht. Das BBK sprach von massiven Problemen beim Modularen Warnsystem (MoWaS), auf dem Nina basiert. Es war schlicht überlastet. Offenbar gab es trotz der langen Planungszeit Abstimmungsschwierigkeiten: Grund für die Panne war nach BBK-Angaben „eine nicht vorgesehene zeitgleiche Auslösung einer Vielzahl von Warnmeldungen über MoWaS“. Eigentlich sollte bloß der Bund auf den Knopf drücken, doch offenbar taten es auch noch zahlreiche andere Akteure. Laut Bundesinnenministerium werden die Vorgänge „jetzt umfassend aufgearbeitet“. 

Auch die von der Feuerwehr Hannover genutzte Nina-Alternative Katwarn hatte es offenbar schwer. Laut manchem Nutzer kam der Alarm um mehrere Minuten verzögert. „An solch einem Tag sind zwei bis drei Minuten nicht besorgniserregend“, sagt Feuerwehsprecher Michael Hintz dazu auf HAZ-Anfrage. Insgesamt habe die App wie vorgesehen funktioniert. Doch auch die Brandschützer beobachteten Probleme bei Nina, das mit Katwarn gekoppelt werden kann. „Nun ist das System einmal stark belastet worden“, sagt Hintz. „Jetzt sind die entsprechenden Behörden wie das BBK gefragt, um an den Stellschrauben zu drehen.“ Vonseiten der Region Hannover hieß es gestern im Kurznachrichtendienst Twitter, die Frage sei berechtigt, „ob man sich nicht zu sehr auf die elektronischen Kommunikationswege verlässt“. Für Irritationen sorgte auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Um 11 Uhr gab es entgegen der Ankündigung im gesamten NDR-Radioprogramm keine Testwarnung. Doch gerade für ältere Menschen stellt der Sender eine essenzielle Informationsquelle dar. NDR-Sprecher Ralf Pleßmann verweist auf Anfrage auf eine Absprache mit dem BBK. Der Sender habe im Radio auf das Verlesen der Alarmnachricht verzichtet, weil befürchtet worden sei, „dass die Meldung bei vielen Menschen für Verwirrung sorgt“. Die entsprechende MoWaS-Nachricht sei aber fehlerfrei eingegangen. Im echten Katastrophenfall werde der Alarm laut Pleßmann natürlich vorgelesen. Im Fernsehen blendete der NDR um 11 Uhr dreimal den Test „+++ Probealarm +++“ samt Hinweis auf den Test ein. Gleiches taten beispielsweise auch RTL und Kabel 1.

 

Fraglich ist allerdings, wie viele Menschen wirklich etwas vom Probealarm mitbekommen haben. Allein in Hannover leben mehr als 536 400 Menschen, davon nutzen laut Feuerwehr bloß 44 300 Personen Katwarn (8,26 Prozent). Sprecher Hintz verweist deshalb auf einen Mix aus Alarmwegen im Ernstfall. Gar nicht zum Einsatz kamen beim jetzigen Test beispielsweise Lautsprecherwagen. Die neue Leitstelle soll - sobald sie in Betrieb ist - zudem direkt eine Schnittstelle zu MoWaS haben. Dann kann die Feuerwehr in der Region ohne Umwege etwa digitale Werbetafeln oder Üstra-Anzeigen ansteuern. […]“

 

Das Ergebnis dieses Testtages muss Sorge bereiten, denn dieser Testlauf hat leider gezeigt, welche Risiken bestehen, wenn die Bevölkerung einzig auf digitalem Wege gewarnt werden kann. Dies ist insoweit problematisch, als dass alleine die App NINA im Regionsgebiet nur wenige Male im Jahr genutzt wird, etwa bei Evakuierungen nach Blindgänger-Funden oder bei Gefahrgutaustritten nach Unfällen. Die Übung hat offengelegt, dass das Warnsystem über Rundfunk und Fernsehen sowie digitale WarnApps nicht ausreicht, um den bestmöglichen Bevölkerungsschutz zu gewährleisten.

 

 

Dies vorausgeschickt frage ich die Katastrophenschutzbehörde Region Hannover:

I. Stadt Lehrte

1.    Warum hat sich die Stadt Lehrte nicht an dem bundesweiten Warntag beteiligt? Waren technische Gründe in Lehrte für die Nichtbeteiligung entscheidend?

 

2.    War das Vorgehen der Stadt Lehrte im Vorfeld des Warntages mit der Regionsverwaltung abgestimmt worden?

 

3.    Verfügt die Stadt Lehrte grundsätzlich über die technischen Möglichkeiten, sich an einem Warntag zu beteiligen? Wenn ja, wie viele Sirenen sind im Stadtgebiet vorhanden?

 

4.    Ist der Regionsverwaltung bekannt, ob sich die Stadt Lehrte an dem nächsten bundesweiten Warntag beteiligen wird?

 

II. Region Hannover

1.    Wo hat eine flächendeckende Warnung der Bevölkerung im Regionsgebiet funktioniert und wo konnte die Warnung nicht flächendeckend sichergestellt werden? (Bitte einzeln aufschlüsseln nach Kommunen und mit welchen Warnmitteln)

 

2.    Welche Kommunen in der Region Hannover verfügen über Sirenen zur Warnung der Bevölkerung?

 

3.    Sind, in den Kommunen mit Sirenen, die Sirenen flächendeckend verteilt, so dass die Warnung der Bevölkerung über das gesamte Siedlungsgebiet sichergestellt ist?

 

 

4.    „Regionsbrandmeister Karl-Heinz Mensing bringt zudem wieder die klassische Sirene ins Spiel: „Wir brauchen ein Backup, um nicht nur einen elektronischen Kanal zu haben.“ Die Landeshauptstadt baute ihre Anlagen in den Neunzigerjahren ab, im Umland heulte es beim Warntag lediglich in Burgdorf, Burgwedel und Wennigsen. „Gerade auf Dörfern hat die Anlage aber ihre Vorteile“, sagt Mensing - jeder höre den Ton. Allerdings sei genau das auch der Nachteil. Mensing: „Wir können keine weiteren Informationen mit übermitteln.“ Es bestehe die Gefahr, dass Bürger beim Notruf nachfragen und diesen dadurch blockieren. Deshalb müssen nach dem Test „noch mal alle Fakten auf den Tisch“ - für den nächsten Warntag 2021.“ (vgl. HAZ: „Der Alarm, den niemand merkt“ vom11.09.2020)

a)    Welche Schlussfolgerungen zieht die Regionsverwaltung vor dem Hintergrund der o.a. Aussagen des Regionsbrandmeisters für ihr Handeln aus dem Warntag?

b)    Welche Empfehlungen gibt die Regionsverwaltung in Auswertung des Warntages 2020 an die entsprechenden Gremien?

c)    Welche Maßnahmen hat die Regionsverwaltung bereits ergriffen, um hier Abhilfe zu schaffen und um künftig alle Bürgerinnen und Bürger im Notfall schnell und effizient warnen zu können?

 

5.    Wie bewertet die Verwaltung einen möglichen Wiederaufbau der vor Jahren demontierten Sirenen in den Städten und Gemeinden in der Region Hannover  – womöglich auch solche, die für Durchsagen geeignet sind?

 

 

 

 

            Mit freundlichen Grüßen                                                        

 

 

            Bernward Schlossarek                                          

            -Regionsabgeordneter-